Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels
(gemäß § 890 ZPO)
 
Hiermit beantrage ich namens und in Vollmacht meiner Mandanten

(...)

- Vollstreckungsgläubiger-,

ein erneutes Ordnungsgeld gegen

die Studentenschaft der xy-Universität zu Musterstadt,
vertreten durch den Allgemeinen Studentenausschuss (AStA),
(Adresse...)

- Vollstreckungsschuldnerin -

festzusetzen.

Die Vollstreckungsschuldnerin hat wiederholt gegen das ihr auferlegte Verbot der allgemeinpolitischen Betätigung (VG Berlin, Beschluss vom 23. November 1999 – VG 2 A 135.99; bestätigt durch OVG Berlin, Beschluss vom 22. September 2000 – OVG 8 SN 328.99, NVwZ-RR 2001, 101) verstoßen.

Der AStA der Vollstreckungsschuldnerin unterstützt laut beiliegendem Plakat

Anlage 1

einen Kongress des Bundesarbeitskreises kritischer StudentInnen unter dem Titel "Fluchtweg freihalten! Gegen staatliche Diskriminierung im Asyl- und Ausländerinnenrecht" vom 28. bis 29. April 2001 in Nordstadt.

Das Thema des Kongresses lässt jeden konkreten Hochschulbezug vermissen. Der Titel der Veranstaltung ist bereits als allgemeinpolitische Stellungnahme zu bezeichnen.

Die Unterstützung der Publikation "der antikapitalist" der Berliner Gruppe "arbeitskreis kritischer studentinnen" (aks) durch den AStA der Vollstreckungsschuldnerin war bereits ein Grund für die einstweilige Anordnung gegen die Studentenschaft der xy-Universität gewesen (VG Berlin, Beschluss vom 23. November 1999 – VG 2 A 135.99; bestätigt durch OVG Berlin, Beschluss vom 22. September 2000 – OVG 8 SN 328.99, NVwZ-RR 2001, 101). Das macht eine erneute Unterstützung einer allgemeinpolitischen Aktivität derselben Gruppe umso unverfrorener.

Der Kongress ist auch nicht als politische Bildung i.S.v. § 18 Abs. 2 BerlHG einzuordnen. Durch diese Norm wird der Vollstreckungsschuldnerin keine Befugnis verliehen, eigene politische Forderungen zu formulieren oder eigene inhaltliche Politik voranzutreiben. Das Gesetz weist der Vollstreckungsschuldnerin hier eine dienende Rolle zu. Förderung der politischen Bildung der Studenten ist etwas anderes als eigene politische Vorstellungen an die Studenten heranzutragen und dafür zu werben. Die Förderung der politischen Bildung hat von einer neutralen Position aus zu erfolgen (OVG Bremen NVwZ 1999, 211f.). Förderung politischer Bildung muss sich jeglicher Propaganda, gar Agitation enthalten (OVG Berlin, Beschl. v. 25. Mai 1998 – OVG 8 SN 24.98, S. 5 amtl. Umdruck).

Für die Studenten können unter Vermeidung von Einseitigkeiten beispielsweise Informationsangebote organisiert werden. Politische Werbung oder Agitation lässt die Norm nicht zu, auch die kaschierte Verfolgung einer eigenen Politik läßt die Norm nicht zu; unzulässig wäre es deshalb, einseitig nur bestimmte politische Sichtweisen zu berücksichtigen. Das widerspräche der Anforderung, die politische Bildungsförderung vom eigenen politischen Engagement zu trennen. Nur unter diesen Einschränkungen lässt § 18 Abs. 2 BerlHG aus neutraler, dienender Position heraus die Befassung mit allgemeinpolitischer Thematik zu. Man könnte z.B. an Veranstaltungen oder Veranstaltungsreihen denken, in denen unterschiedliche Positionen zu Wort kommen. Ausgeschlossen ist, dass die Vollstreckungsschuldnerin sich für die Unterstützung bestimmter politischer Bestrebungen auf diese Norm berufen kann.

Die gesamte Thematik des Kongresses lässt keinen offenen und ausgewogenen Verlauf der Veranstaltung erwarten. Der Titel der Veranstaltung gibt bereits eine politisch einseitige Ausrichtung vor.

Der Veranstalter bezeichnet sich selbst als "bundesweite Vernetzung von links-alternativen Initiativen im studentischen Bereich". Der Veranstalter mag sich zu einem gewissen Teil mit der Gestaltung der studentischen Ausbildung beschäftigen. Seine Tätigkeit ist aber immer wieder durch allgemeinpolitische Aktionen und Stellungnahmen geprägt. So forderte er zum Beispiel in einer Resolution die sofortige Freilassung von PKK-Führer Öcalan.

Anlage 2

In seinem Publikationsorgan "Forum Kapital" sind immer wieder politisch einseitige Stellungnahmen zu finden.

Von daher ist mit einem politisch vollkommen einseitigen Kongress zu rechnen. Die Unterstützung einer derartigen Veranstaltung kann nicht unter die Kompetenz der Vollstreckungsschuldnerin aus § 18 Abs. 2 BerlHG fallen.

Außerdem will der Veranstalter laut Information auf seiner Homepage http://www.abcdefg.de

Anlage 3

auf dem Kongress "Forderungen gegen staatliche Diskriminierungen und gesellschaftlichen Rassismus formulieren". Der Kongress soll außerdem der Planung einer "Kampagne von Pro Asyl zum Thema staatlicher Diskriminierungen im Asylrecht" dienen. Derartige Kampagnen zu allgemeinpolitischen Themen verlassen deutlich den Rahmen von politischer Bildung i.S.v. § 18 Abs. 2 BerlHG.

Die Unterstützung des Kongresses durch den AStA der Vollstreckungsschuldnerin verstößt somit gegen das Verbot der Unterstützung allgemeinpolitischer Aktivitäten Dritter.

Des Weiteren ist ein Ordnungsgeld gegen die Vollstreckungsschuldnerin zu verhängen, da sie Mitglied im Bundeskongress zur Förderung sexualpolitischer Zusammenarbeit e.V. ist. Sie zahlte u.a. im Jahr 1999 alleine einen Mitgliedsbeitrag in Höhe von DM 600. Dies geht aus dem Schreiben des Rechnungshofes von Musterstadt an die Vollstreckungsschuldnerin hervor (Seite 16, Teilziffer 31).

Anlage 4

In der Tätigkeit des Bundeskongresses zur Förderung sexualpolitischer Zusammenarbeit ist keinerlei Hochschulbezug zu erkennen. Wie aus dem Bericht auf Seite X in der von der Vollstreckungsschuldnerin herausgegebenen Zeitschrift NONSENS zeigt, beschränkt sich die Arbeit dieses Vereins auch nicht auf politische Bildung.

Anlage 5

Eine Mitgliedschaft der Vollstreckungsschuldnerin im Bundeskongress zur Förderung sexualpolitischer Zusammenarbeit ist somit als Verstoß gegen das Verbot der allgemeinpolitischen Betätigung zu werten.

Bei der Bemessung des Ordnungsgeldes hat das Gericht dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das durch Beschluss vom 17. April 2000 – VG 2 A 181.99 – festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,-- DM sowie das weitere Ordnungsgeld in selber Höhe per Beschluss vom 6. März 2001 – VG 2 A 121.00 – die Vollstreckungsschuldnerin offenbar noch nicht ausreichend beeindruckt hat, da es sie nicht hat abhalten können, erneut allgemeinpolitisch tätig zu werden. Daher wird vorliegend die Verhängung eines deutlich höheren und empfindlicheren Ordnungsgeldes angeregt. Des Weiteren wird angeregt, der Vollstreckungsschuldnerin ein weiteres hohes Ordnungsgeld für den Fall anzudrohen, dass sie nicht innerhalb einer angemessenen Frist ihre Mitgliedschaft im Bundeskongress zur Förderung sexualpolitischer Zusammenarbeit e.V. und weiteren allgemeinpolitischen Vereinigungen auflöst.

"Schlicht hoheitliche" Unterlassungsgebote werden nach § 890 ZPO vollstreckt und § 172 VwGO ist nur anwendbar, wenn die der Behörde auferlegte Verpflichtung in dem Erlass eines Verwaltungsaktes besteht (OVG Berlin, NVwZ-RR 2001, 99; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rn. 569 f.). Bei Rechtsverletzungen der Studentenschaften gegen das Verbot der allgemeinpolitischen Tätigkeit ist somit nach § 890 ZPO zu vollstrecken.

Bereits an dieser Stelle wird vorsorglich erklärt, dass alle Erledigungserklärungen in der Hauptsache, die aus einer Exmatrikulation eines der Antragsteller/Vollstreckungsgläubiger resultieren, auf die Zeit nach dem erledigenden Ereignis beschränkt werden sollen. Es kommt also darauf an, dass die Vollstreckungsgläubiger zum Zeitpunkt der mit dem Ordnungsgeld angegriffenen Zuwiderhandlung immatrikuliert waren und der Unterlassungstitel zu jenem Zeitpunkt wirksam war. Es kommt nicht darauf an, ob der Unterlassungstitel zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung wirksam war (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Oktober 2003, Az: I ZB 45/02, BGHZ 156, 335 = NJW 2004, 506).

Einfache und beglaubigte Abschrift anbei.

Mit freundlichen Grüßen

Meier
Rechtsanwalt