Oberverwaltungsgericht Koblenz verweigert effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und erlaubt faktisches allgemeinpolitisches Mandat

 
Kommentar von Studentenpolitik.de am Ende der Entscheidung.

2 B 12002/04

OBERVERWALTUNGSGERICHT RHEINLAND-PFALZ

BESCHLUSS

In dem Verwaltungsrechtsstreit

wegen Hochschulrechts
hier: einstweilige Anordnung

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 28. Januar 2005, an der teilgenommen haben

Präsident des Oberverwaltungsgerichts Prof. Dr. Meyer

Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Held

Richterin am Oberverwaltungsgericht Stengelhofen

beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 4. November 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

G r ü n d e

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, der Antragsgegnerin vorläufig im Wege einstweiliger Anordnung die Abgabe politischer Erklärungen ohne Hochschulbezug und die Unterstützung allgemeinpolitischer Tätigkeiten Dritter sowie die finanzielle Förderung von Veranstaltungen oder Verbänden ohne konkreten hochschulpolitischen Bezug zu untersagen, zu Recht abgelehnt. Auch nach Auffassung des Senats hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch, jedenfalls aber einen Anordnungsgrund nicht dargetan, was aber Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist.

1. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte haben die im gesetzlichen Zwangsverband der Studierendenschaft (§ 108 Abs. 1 Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 2003 - HochSchG -) zusammengeschlossenen Studierenden einen letztlich in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnden Anspruch darauf, dass der Zwangsverband keine Angelegenheiten außerhalb des gesetzlich festgelegten und verfassungsrechtlich erlaubten Verbandszwecks wahrnimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, E 59, 231, und Juris, Rn. 19; Urteil vom 12. Mai 1999 - 6 C 10.98 -, NVwZ 2000, 323, und Juris, Rn. 20; OVG Berlin, Beschluss vom 15. Januar 2004, NVwZ-RR 2004, 348, und Juris, Rn. 5 m.w.N.). Öffentlich-rechtliche Zwangsverbände können verfassungsgemäß nur für legitime öffentliche Aufgaben gegründet werden, für Aufgaben also, die prinzipiell auch die öffentliche Verwaltung wahrnehmen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Mai 1999 - 6 C 14.98 -, Juris, Rn. 12). Soll ein Widerstreit der in der Verbandsbildung betätigten öffentlichen Gewalt mit dem allgemeinen Freiheitsrecht der Verbandsmitglieder vermieden werden, so muss sich der Pflichtverband mit allen Aufgaben in verhältnismäßiger Art und Weise innerhalb des legitimen Verbandszwecks bewegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979, a.a.O.). Für die verfasste Studierendenschaft folgt daraus, dass sich ihr möglicher Wirkungsbereich in der Wahrnehmung studentischer Interessen erschöpft, da die Studenten nur mit den Interessen, die sich aus ihrer sozialen Rolle als Studierende ergeben, in die verfasste Studierendenschaft eingegliedert werden können. Der Studierendenschaft darf daher nur die Wahrnehmung spezifischer studentischer Gruppeninteressen übertragen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Mai 1999, a.a.O., Rn. 20).

Werden Studierende in ihrem Abwehrrecht gegen staatlichen Organisationszwang verletzt, insbesondere durch die Inanspruchnahme eines allgemeinpolitischen Mandats, so können sie von der Studierendenschaft die Unterlassung dieses Verhaltens verlangen. Insofern ist in der Rechtsprechung allerdings anerkannt, dass eine Rechtsverletzung bei den Mitgliedern der Studierendenschaft erst dann anzunehmen ist, wenn es sich um eine nachhaltige und uneingeschränkte Kundgabe nicht hochschulbezogener, allgemeinpolitischer Meinungen und Forderungen durch die Organe der Studierendenschaft handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Mai 1999 - 6 C 10.98 -, a.a.O.). Dabei ist es nicht erforderlich, dass diese Organe sich ausdrücklich auf ein allgemeinpolitisches Mandat berufen, weshalb die Einlassung der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung, sie nehme kein allgemeinpolitisches Mandat in Anspruch, für sich genommen unerheblich ist. Entscheidend ist vielmehr, wie bestimmte Aktivitäten (Meinungsäußerungen, Unterstützungshandlungen, Geldzuwendungen u.a.) objektiv aus Sicht eines verständigen Beobachters zu verstehen sind. Dabei darf allerdings kein zu kleinlicher Maßstab angelegt werden. Nicht jeder Streit innerhalb der Studierendenschaft über die Sinnhaftigkeit bestimmter Aktivitäten soll zum Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemacht werden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2000, NVwZ-RR 2001, 102). Denn es ist in erster Linie Sache der politischen Erörterung innerhalb der Studierendenschaft, die Aktivitäten ihrer Organe zu bewerten und gegebenenfalls zu beeinflussen. Ist allerdings feststellbar, dass die Organe der Studierendenschaft nachhaltig und uneingeschränkt ihren gesetzlich festgelegten Aufgabenbereich überschreiten, so steht dem einzelnen Mitglied ein auch gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung zu. Von diesem materiell-rechtlichen Ausgangspunkt ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt hinzu, dass eine abschließende Wertung dahin, ob die Studierendenschaft die gesetzlich und verfassungsrechtlich festgelegte Grenze ihres Aufgabenbereichs überschritten hat, oft noch nicht möglich ist. Da den Antragsteller grundsätzlich die (materielle) Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs trifft, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die Grenze zweifelsfrei überschritten, ein sachlicher Bezug zum Aufgabenbereich der Studierendenschaft nicht mehr erkennbar ist, die Rechtsverletzung sich also geradezu aufdrängt (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Fehlt einem Verhalten der Studierendenschaft nach seinem äußeren Anschein allerdings jeglicher Bezug zu spezifisch studentischen Interessen, dann ist es Sache der Studierendenschaft, den dennoch vorhandenen Bezug zu ihrem gesetzlichen Aufgabenbereich darzulegen und zu begründen (vgl. hierzu OVG Berlin, Beschluss vom 29. August 2000, NVwZ-RR 2001, 99 [100]).

2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Anordnungsanspruch nicht bereits durch die von ihm geäußerten Zweifel an der Gültigkeit des § 108 Abs. 4 HochSchG dargetan. Für die angeregte Aussetzung des Verfahrens zwecks Klärung dieser Gültigkeitszweifel besteht im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren kein Anlass.

Im Übrigen teilt der Senat die geltend gemachten Bedenken an der Gültigkeit von § 108 Abs. 4 HochSchG nicht. Die dort verfolgten Ziele etwa zur Wahrnehmung hochschulpolitischer Belange und wirtschaftlichen Selbsthilfe der Studenten, zur Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins sowie zur Unterstützung kultureller, musischer und sportlicher Betätigung verdienen das gesteigerte Interesse der Studenten wie der Allgemeinheit und bieten sich zur Selbstverwaltung an (vgl. BVerwG, a.a.O., Urteil vom 12. Mai 1999 - 6 C 14.98 -, a.a.O., Rn. 13; VerfGH NRW, Urteil vom 25. Januar 2000, NVwZ-RR 2000, 594 [597 f.]). Dort wo die Bestimmungen einen Interpretationsspielraum eröffnen, besteht die Möglichkeit, sie verfassungskonform so auszulegen, dass eine Grundrechtsverletzung der Studierenden vermieden wird (vgl. VerfGH NRW, a.a.O.; ferner: BVerfG, Kammerschluss vom 11. August 1998, NVwZ 1998, 1286 [1287]). Insbesondere verleiht § 108 Abs. 4 HochSchG der Studierendenschaft nicht die Befugnis, allgemeinpolitisch tätig zu werden und im Namen der Studierenden eigene politische Forderungen zu formulieren und zu vertreten. Die Förderung der politischen Bildung und der staatsbürgerlichen Verantwortung ist etwas anderes als das Eintreten und Werben für eigene politische Ziele. Politische Bildungsförderung verlangt eine am Neutralitätsgebot orientierte Berücksichtigung verschiedener politischer Sichtweisen. Diesem Ziel werden z.B. Informationsangebote und Veranstaltungen gerecht, in denen unterschiedliche Positionen zu Wort kommen können. Die Studierendenschaft hat in ihren Publikationsorganen verschiedene politische Sichtweisen zu berücksichtigen und ihnen gleichberechtigten Zugang zu ihren Publikationsorganen zu gewähren. Zudem entspricht die Ermöglichung der Mediennutzung durch Dritte nur dann dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, wenn die hierfür eingesetzten Mittel sowohl zu den Kosten aller Aufgaben als auch zu den Kosten der Mediennutzung durch die Studierendenschaft selbst in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. so ausdrücklich: Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drucks. 14/2017, S. 109 f.; ferner: VerfGH NRW, a.a.O.; OVG Berlin, Beschluss vom 15. Januar 2004, a.a.O. und Rn. 13).

Dass § 41 Hochschulrahmengesetz - HRG - in der Fassung des 6. Änderungsgesetzes vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3138) durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Januar 2005 - 2 BvF 1/03 - für nichtig erklärt worden ist, begründet ebenfalls keine Zweifel an der Gültigkeit von § 108 Abs. 4 HochSchG. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat das Bundesverfassungsgericht die verfasste Studierendenschaft nicht als solche für nicht notwendig bewertet, sondern lediglich deren Erforderlichkeit zur wirkungsvollen Mitwirkung der Studenten an der Selbstverwaltung der Hochschule verneint (vgl. S. 40 d.U.). Ein Widerspruch von § 108 Abs. 4 HochSchG zu § 41 Abs. 1 HRG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18) ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist eine die Verfassungswidrigkeit von § 108 Abs. 4 HochSchG begründende Bindung des Landesgesetzgebers bei Erlass des Hochschulgesetzes vom 21. Juli 2003 erkennbar.

3. Was die von dem Antragsteller im Einzelnen gerügten Aktivitäten der Antragsgegnerin anbelangt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass nach den Erkenntnissen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Anordnungsanspruch, jedenfalls aber ein Anordnungsgrund, nicht dargetan worden ist. Es bleibt dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten, die Aktivitäten der Antragsgegnerin daraufhin zu prüfen, ob sie sich auf die Wahrnehmung der spezifischen Interessen der Studierenden an der Universität Trier beschränken und in ihrer Gesamtheit das Gebot der Neutralität beachten sowie die Vielfalt der in der Studierendenschaft vorhandenen Meinungen und Entscheidungen angemessen berücksichtigen. Für die Bewertung im Eilverfahren kann auf die Begründung im Beschluss vom 4. November 2004 verwiesen werden (entsprechend § 130 b Satz 2 VwGO). Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen führt der Senat ergänzend aus:

a) Die Werbung der Antragsgegnerin für die Umbenennung der Universität Trier in "Karl-Marx-Universität" kann als hochschulpolitische Aussage verstanden werden. Diese Aktion ist zu sehr orts- und hochschulbezogen, als dass ihr ein uneingeschränktes allgemeinpolitisches Bekenntnis zum Sozialismus entnommen werden könnte.

Die Untergliederung des Allgemeinen Studentenausschusses - AStA - in verschiedene Referate ist Ausdruck von dessen Organisationsbefugnis. Der inhaltliche Zuschnitt und die Bezeichnung der Referate gibt die Schwerpunkte der im Ausschuss beabsichtigten Arbeit wieder. Diesem Vorgang kann als solchem der Bezug zur Wahrnehmung spezifisch studentischer Interessen nicht abgesprochen werden. Dasselbe gilt hinsichtlich der Selbstdarstellung einiger Referate in der Erstsemesterbroschüre "Grünschnabel 04/05". Bei der Vorstellung des "Referats für Politische Bildung" wird der Auftrag zur Herstellung von Meinungsvielfalt klar herausgestellt (vgl. Grünschnabel 04/05, S. 83). Das von dem Antragsteller gerügte Zitat "... wir [sind] weder objektiv noch wertefrei ..." kann in diesem Zusammenhang durchaus als persönliche Stellungnahme der Autoren des Artikels, nicht aber als grundsätzliche Einschränkung des politischen Spektrums der vom Referat verfolgten Bildungsarbeit verstanden werden. Ob es sich bei dem Bekenntnis zu Meinungsvielfalt um ein bloßes "Lippenbekenntnis" handelt, kann schwerlich an einzelnen Aktivitäten (Veranstaltungen) überprüft werden. Hierzu bedarf es vielmehr eines Überblicks über die gesamte Bildungsarbeit des Referats, der im vorliegenden Verfahren nicht gewonnen werden kann.

Auch die Selbstdarstellung des "Unterreferats für Politische Bildung - Schwerpunkt Antirassismus -" stellt sich nicht als einseitiges Eintreten und Werben für eigene politische Forderungen dar. So wird die Zielsetzung des Referats ausdrücklich dahin beschrieben, die Studierenden umfassend zu informieren. Hinsichtlich der Methode wird auf diejenige des Hauptreferats für politische Bildung, also auf die Herstellung von Meinungsvielfalt, verwiesen (vgl. Grünschnabel 04/05, S. 85). Im Übrigen ist die Betonung des Antirassismus als Schwerpunkt der politischen Bildungsarbeit als Versuch zu werten, sich des in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundkonsenses zu vergewissern, der als solcher ohnehin der politischen Auseinandersetzung entzogen ist. Dahin gerichtete und auf die Situation an der Hochschule bezogene Aktivitäten der Antragsgegnerin sind als Förderung des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins und der Bereitschaft zur Toleranz sowie zum Eintreten für die Grund- und Menschenrechte legitim (vgl. § 108 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 HochSchG). Dies gilt gleichermaßen für die von dem Antragsteller gerügte Unterstützung der Demonstration vom 4. November 2004 "Trier gegen Rechts" durch die Antragsgegnerin sowie der Mitgliedschaft im "Bündnis gegen Rechts". Nach dem Vorbringen der Beteiligten einschließlich des vorgelegten Plakats stand bei diesen Aktivitäten das Einfordern dieses verfassungsrechtlichen Grundkonsenses auch und gerade innerhalb der Hochschule im Vordergrund.

Der von der Antragsgegnerin veranstaltete Vortrag "Rechtsextremismus und Standortnationalismus im Zeichen der Globalisierung" von Professor Dr. Butter-wegge am 22. Juli 2004 kann als Förderung der politischen Bildung der Studierenden gewertet werden. Aus dem vorgelegten Plakat ist ohne weiteres ersichtlich, dass der AStA lediglich als Veranstalter auftritt, ohne sich die wiedergegebenen Thesen des Vortrags zu Eigen zu machen. Auch hinsichtlich der im Büro des AStAs aufgehängten Plakate kann nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin im jetzigen Verfahrensstadium nicht bezweifelt werden, dass die Antragsgegnerin hier lediglich ein Forum für die politische Auseinandersetzung der verschiedenen Studentengruppen schafft.

b) Soweit der Antragsteller allerdings geltend macht, die Antragsgegnerin unterstütze andere Vereinigungen und Verbände, die sich ihrerseits allgemeinpolitisch betätigten, ist diese Rüge dem Grunde nach durchaus berechtigt. Es fehlt bislang allerdings an hinreichend sicheren Anhaltspunkten dazu, dass hier eine nachhaltige Unterstützung fremder allgemeinpolitischer Aktivitäten stattfindet und der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten ist.

Das Mitglied der verfassten Studierendenschaft kann grundsätzlich beanspruchen, dass der öffentlich-rechtliche Zwangsverband die zwangsweise erhobenen Beiträge nur für solche Zwecke verwendet, die innerhalb des gesetzlich festgelegten und verfassungsrechtlich erlaubten Aufgabenbereichs liegen. Dies gilt sowohl für eigene Aktivitäten des Zwangsverbandes als auch für dessen Unterstützung der Aktivitäten anderer Vereinigungen und Verbände. Gerade dann, wenn sich die Unterstützung fremder Aktivitäten nicht in zweckgebundenen Zuwendungen für bestimmte Veranstaltungen erschöpft, sondern sich als allgemeine Unterstützung der Drittaktivitäten darstellt, besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass hier nicht mehr die Interessen der Studierenden an der konkreten Hochschule verfolgt werden. Auch insofern kann dem jeweiligen Mitglied der Studierendenschaft ein Anspruch auf Unterlassung zustehen. Dies ist der Fall, wenn sich die Studierendenschaft anderen Vereinigungen anschließt, die laufend Tätigkeiten wahrnehmen, die außerhalb des legitimen Aufgabenbereichs der Studierendenschaft liegen (vgl. OVG Rh-Pf, Beschluss vom 29. Juli 1974, AS 13, 418).

Der Antragsteller hat in dieser Hinsicht einige Aktivitäten der Antragsgegnerin benannt, die durchaus Zweifel aufkommen lassen, ob hier noch die Belange der Studierenden der Universität Trier verfolgt werden. Allerdings lässt sich nach dem Sach- und Streitstand im vorliegenden Eilverfahren nicht hinreichend sicher beurteilen, ob es sich insofern um eine nachhaltige Unterstützung allgemeinpolitischer Aktivitäten handelt. Dies gilt - mangels Kenntnis vom (auch finanziellen) Umfang des Engagements der Antragsgegnerin - etwa für die Mitgliedschaft in der "Deutsch-Palästinensischen-Gesellschaft" und in der Vereinigung "ROBIN WOOD". Aber auch hinsichtlich der Mitgliedschaft im "freien zusammenschluss der studierenden" (fzs) wird zu prüfen sein, inwiefern hier die Interessen der Studierenden der Universität Trier vertreten werden. Diese Aufklärung muss allerdings dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben. Die bisherigen Zweifel an der Berechtigung dieser Aktivitäten der Antragsgegnerin rechtfertigen noch nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Soweit der Antragsteller die Zuwendungen an den "Infoladen Trier", an das "Forum demokratischer Atheisten", an das "Multikulturelle Zentrum" sowie die Unterstützung des "Trierer Schwulen- und Lesbenzentrums" und des "Kirchenasyls" rügt, hat die Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen, hierbei habe es sich um zweckgebundene Unterstützungen bestimmter Veranstaltungen gehandelt, die ihrerseits durch das gesetzliche Aufgabenspektrum der Studierendenschaft abgedeckt seien (Förderung politischer Bildung, Integration ausländischer Studierender, Wahrnehmung sozialer Belange; vgl. § 108 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 5, 8 und 6 HochSchG). Sollte die Antragsgegnerin die Zweckgebundenheit dieser Zuwendungen und die Sicherstellung dieser Zweckrichtung im einzelnen Fall nachweisen können, wird man den Hochschulbezug dieser Aktivitäten nicht bestreiten können. Nach den bislang vorliegenden Anhaltspunkten ist jedenfalls auch insofern ein Anordnungsanspruch nicht dargetan.

c) Auch durch die vom Antragsteller des Weiteren gerügten Aktivitäten der Antragsgegnerin hat er einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Veranstaltung von Vorträgen zu den Themen "Guatemala und Chiapas", "Kopftuch und Leitkultur. Der Streit um ein Symbol und seine Bedeutung." und "Globalisierungskritik von Rechts" kann für sich genommen als Förderung der politischen Bildung der Studierenden gewertet werden. Ob die Bildungsaktivitäten der Antragsgegnerin insgesamt die gebotene und von ihr selbst als Ziel benannte Meinungsvielfalt widerspiegeln, lässt sich - wie bereits ausgeführt - anhand von wenigen Einzelveranstaltungen nicht überprüfen. Was die gerügte Unterstützung einer Demonstration gegen Abschiebehaft sowie gegen den Krieg im Irak anbelangt, teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es sich hierbei nicht um eine nachhaltige allgemeinpolitische Betätigung handelt. Hinsichtlich der gerügten Unterstützung der Zeitungsanzeige "Bleiberecht für iranische Familie" vom August 2003 hat sich die Antragsgegnerin durch den Hinweis auf die Verantwortlichkeit des vorherigen AStAs hinreichend distanziert, so dass eine Wiederholungsgefahr nicht dargetan ist.

Der Herausgabe der Studentenzeitschrift "Anstoß Triers neue unabhängige Zeitschrift für Lesben und Schwule " kann - wiederum für sich genommen - der Bezug zu sozialen Belangen von Studierenden der Universität Trier ebenso wenig abgesprochen werden wie der darin zum Ausdruck kommenden Unterstützung des "Christopher-Street-Days" sowie der Mitorganisation der Veranstaltung "Homosella". Entsprechendes gilt in Bezug auf die Wahrnehmung kultureller Belange der Studierenden hinsichtlich der Unterstützung der Ausstellung "Aufgespießt - Homosexualität in der Karikatur". Ob die Antragsgegnerin durch diese Aktivitäten in nennenswertem Umfang auch außeruniversitäre Vorhaben unterstützt, bleibt einer genauen Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dass die Antragsgegnerin die Teilnahme am internationalen Sportfest in Istanbul finanziell unterstützt hat, ist als Förderung internationaler Beziehungen zwischen den Studierenden sowie als Förderung des Studierendensports legitim (§ 108 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 9 und 10 HochSchG). Die Höhe der Kosten für diese Veranstaltung ist ebenso wie die Kosten anderer innerhalb des Aufgabenbereichs der Studierendenschaft wahrgenommener Aufgaben nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsrechtsstreits. Die Auseinandersetzung hierüber hat politisch innerhalb der Studierendenschaft zu erfolgen.

Hinsichtlich der vom Antragsteller angesprochenen Flugblätter und Pressemitteilungen aus dem Jahr 2001 hat sich die Antragsgegnerin durch den Hinweis auf die Verantwortung des früheren AStAs hinreichend distanziert, weshalb eine Wiederholungsgefahr nicht hinreichend dargetan ist. Die Abrufbarkeit der Flugblätter im Internet lässt wegen des verstrichenen Datums eine aktuelle allgemeinpolitische Tätigkeit nicht besorgen. Der Aufruf der Antragsgegnerin zur Wahl des Ausländerbeirats in der Stadt lässt sich ohne weiteres als Wahrnehmung der Belange ausländischer Studenten (vgl. § 108 Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 und 8 HochSchG) werten. Was die Angabe der Kontaktadresse für den Kongress der Roten Liste "Theorie und Praxis der Stadtguerillabewegung" angelangt, hat die Antragsgegnerin unwidersprochen angegeben, dass es sich hierbei lediglich um das im AStA-Büro eingerichtete Postfach handelt, das jeder Hochschulgruppe dort zur Verfügung gestellt wird. Damit ist eine Identifikation der Antragsgegnerin mit dieser politischen Aktion auszuschließen. Schließlich kann auch die vom Antragsteller gerügte Veranstaltung vom 6. Dezember 2004 "Braune Schwestern - Frauen(-Bilder) in der extremen Rechten" als Förderung der politischen Bildung der Studierenden gewertet werden.

Nach alledem bleiben zwar durchaus Zweifel, ob die Antragsgegnerin sich bei ihren Aktivitäten auf den ihr gesetzlich und verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgabenbereich beschränkt und insgesamt das Neutralitätsgebot beachtet sowie die Vielfalt der Meinungen und Einstellungen unter den Studierenden angemessen berücksichtigt. Diese Zweifel rechtfertigen allerdings noch nicht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Ihnen wird vielmehr in einem etwaigen Verfahren der Hauptsache nachzugehen sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Ziffer II 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327.

gez. Prof. Dr. Meyer gez. Dr. Held gez. Stengelhofen

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Kommentar von Studentenpolitik.de:

Die Entscheidung schließt sich im Wesentlichen der skandalösen Entscheidung des OVG Münster (Beschluss vom 13. Juli 2000, NVwZ-RR 2001, 102) an. Grundsätzlich wird ein Abwehranspruch der Studenten aus Art. 2 Abs. 1 GG gegen allgemeinpolitische AStA-Aktivitäten zwar bejaht. Diese Aktivitäten müssten aber eine uneingeschränkte und nachhaltige Kundgabe sein. Wenn es Zweifel gebe, bleibe eine Klärung dem Hauptverfahren überlassen. Inhaltlich werden dann selbst bei eindeutig allgemeinpolitischen Aktivitäten Zweifel angemeldet. Die Konsequenz ist, dass allgemeinpolitische Aktivitäten von Studentenschaften nach dieser Rechtsprechung praktisch überhaupt nicht mehr zu unterbinden wären, denn bei der Länge der Hauptverfahren wird es nur in den seltensten Fällen zu einer rechtskräftigen Entscheidung vor dem Studienabschluss des Klägers kommen. Somit führt diese Rechtsprechung zu einem faktischen allgemeinpolitischen Mandat und stellt die Verweigerung von effektivem Rechtsschutz dar (so bereits Peters/Schulte, WissR 2003, 325; Peters, VR 2003, 173).

Mehrere eindeutig allgemeinpolitische Aktivitäten haben vorliegend nach der Ansicht des OVG Koblenz keinen Erlass einer einstweiligen Anordnung gerechtfertigt, weil angeblich Zweifel am Hochschulbezug vorlagen oder angeblich keine uneingeschränkte oder nachhaltige allgemeinpolitische Kundgabe des AStAs vorlag:

- Unterstützung der Demonstration "Trier gegen Rechts" sowie Mitgliedschaft im "Bündnis gegen Rechts",

- Mitgliedschaft in der "Deutsch-Palästinensischen-Gesellschaft" und in der Vereinigung "ROBIN WOOD",

- Mitgliedschaft im "freien zusammenschluss der studierenden" (fzs),

- Unterstützung einer Demonstration gegen Abschiebehaft,

- Unterstützung einer Demonstration gegen den Krieg im Irak,

- Zuwendungen an den "Infoladen Trier", an das "Forum demokratischer Atheisten", an das "Multikulturelle Zentrum" sowie die Unterstützung des "Trierer Schwulen- und Lesbenzentrums" und des "Kirchenasyls".

Die Entscheidungen aus Münster und Koblenz widersprechen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach welcher Zweifel im Anordnungsverfahren zu Lasten der Antragsgegnerin gehen und Zweifel im Vollstreckungsverfahren zu Lasten des Antragstellers (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13.  Dezember 1979 - 7 C 58.78 -, BVerwGE 59, 231 (241)). Die Entscheidung aus Koblenz widerspricht auch der Rechtsprechung des OVG Berlin (NVwZ-RR 2004, 348), nach welcher bereits die einfache Mitgliedschaft der Studentenschaft in einer sich allgemeinpolitisch betätigenden Gruppe rechtswidrig ist. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Antragsteller und seinem Anwalt um Personen aus dem Umfeld von rechtsextremistischen bzw. rechtsradikalen Gruppen handelt. Möglicherweise hatten die Richter am OVG Skrupel, diesen einen Erfolg in Form einer einstweiligen Anordnung zu gewähren. Allerdings darf die politische Ausrichtung von Rechtssuchenden nicht dazu führen, dass ihnen ein effektiver Rechtsschutz verwehrt wird. Es muss ohne Ansehen der Person entschieden werden. Wer selbst bei evident allgemeinpolitischen Tätigkeiten des AStAs auf das Hauptverfahren verweist, verletzt das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG, denn eine rechtskräftige und vollstreckbare Hauptsacheentscheidung wäre nur in den seltensten Fällen vor dem Studienabschluss des Klägers zu bekommen. Bis zum Zeitpunkt einer rechtskräftigen Entscheidung wäre der Kläger gegenüber irreversiblen Grundrechtsverletzungen durch die Studentenschaft vollkommen schutzlos gestellt. Dass die Asten gerne irgendwelche Ausreden über die angebliche Zweckbindung von Mitteln an allgemeinpolitische Vereine oder die angebliche Beteiligung von Studenten erfinden, ist allgemein bekannt. Wenn bereits diese Erfindungen ausreichen sollten, um einstweilige Anordnungen generell zu verhindern, wäre dies ein schlechtes Zeichen für rechtsschutzsuchende Studenten in Deutschland. Kompetenzüberschreitungen und Grundrechtsverletzungen von Asten wäre Tür und Tor geöffnet. Die negative Vereinigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG wäre nachhaltig entwertet. Es ist zu hoffen, dass diese Rechtsprechung sich nicht durchsetzt, sondern sie auf zwei Einzelfälle beschränkt bleibt, in welchen Gerichte offenbar unliebsamen Antragstellern keinen Erfolg gewähren wollten.

 

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