Verwaltungsgericht Berlin erlässt erneut
einstweilige Anordnung gegen FU-AStA

 
VG 2 A 21.02 beschlossen am 16. Mai 2002.

Verwaltungsgericht Berlin

BESCHLUSS

In der Verwaltungsstreitsache

Antragsteller

gegen

die Studentenschaft der Freien Universität Berlin,

vertreten durch den Allgemeinen Studentenausschuss (AStA),

dieser vertreten durch seine Vorsitzende,

Antragsgegnerin,

hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin durch

den Präsidenten des Verwaltungsgerichts [...],

den Richter am Verwaltungsgericht [...],

den Richter am Verwaltungsgericht [...]

am 16. Mai 2002 beschlossen:

Der Antragsgegnerin wird für die Dauer der Mitgliedschaft des Antragstellers bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagt, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogene Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen) abzugeben sowie derartige Tätigkeiten Dritter zu unterstützen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 5 Euro bis 250.000 Euro angedroht.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller ist Student der Freien Universität Berlin (FUB). Er begehrt von der Antragsgegnerin, allgemeinpolitische, nicht hochschulbezogene Tätigkeiten sowie die Unterstützung Dritter bei derartigen Tätigkeiten zu unterlassen.

Sein sinngemäßer Antrag,

1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer der Mitgliedschaft des Antragstellers in der Antragsgegnerin, zu untersagen, politische Erklärungen, Forderungen, Äußerungen und Stellungnahmen abzugeben, die keinen spezifisch und unmittelbar hochschulbezogenen Inhalt haben, sowie bei allgemeinpolitischen, nicht spezifisch und unmittelbar hochschulbezogenen Tätigkeiten Dritter unterstützend zu handeln,

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von wenigstens 5 Euro und höchstens 250.000 Euro anzudrohen,

hat Erfolg.

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere steht dem Antragsteller das für die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes notwendige besondere Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Es ist ihm nicht zumutbar, jeweils eine -behauptete- Verletzung seines Grundrechtes aus Art. 2 Abs. 1 GG hinzunehmen, um jeweils nachträglich die Rechtswidrigkeit einer in Anmaßung eines allgemeinpolitischen Mandats abgegebenen Erklärung oder sonstigen Äußerung der Antragsgegnerin feststellen zu lassen. Die Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 19. März 2002 (S. 1; 5 ff.), mit denen sie dem Antragsteller ein Abwehrrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG absprechen will, sind kaum nachvollziehbar und greifen nicht durch. Insbesondere bedarf das Mitglied einer Zwangskörperschaft neben seinem Abwehrrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG keiner einfachgesetzlichen Anspruchsgrundlage, um sich gegen Kompetenzüberschreitungen dieser Körperschaft zur Wehr setzen zu können.

Der Antrag ist auch begründet. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund mit der die Vorwegnahme der Hauptsache allein rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

Die Antragsgegnerin hat in der Vergangenheit durch wiederholtes allgemeinpolitisches Engagement die ihr eingeräumten Kompetenzen überschritten und die Rechte des seit 1998 immatrikulierten Antragstellers verletzt; es steht zu befürchten, dass sie dies ohne gerichtliche Intervention fortsetzen würde, weshalb ihr allgemeinpolitische Aktivitäten vorläufig zu untersagen sind.

Wie die Kammer wiederholt und zuletzt im der Antragsgegnerin bekannten Urteil vom 17. August 1999 (VG 2 A 231.97) ausgeführt hat, überschreitet die Ausübung eines allgemeinpolitischen Mandats durch die Studentenschaft die ihr in § 18 Abs. 2 BerlHG eingeräumten Kompetenzen und verletzt die zwangsmitgliedschaftlich korporierten Studierenden in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Daran ist festzuhalten; es bedarf auch nicht ständiger Wiederholung.

Die Erweiterung des § 18 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BerIHG um die Worte "sowie die Förderung aktiver Toleranz" durch Art. I Nr. 2 a) des Gesetzes vom 8. Oktober 2001 (GVBI. 534) führt zu keinem anderen Ergebnis. Bereits in vorgenanntem Urteil hat die Kammer darauf hingewiesen, dass die Beschränkung des politischen Mandats der Studentenschaft auf hochschulbezogene Tätigkeiten nicht durch die Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BerIHG (a.F.) erweitert wird. Danach hat die Studentenschaft "insbesondere" die Aufgabe der Förderung der politischen Bildung der Studenten und Studentinnen im Bewußtsein der Verantwortung für die Gesellschaft, hat also die genannten Aufgaben der Studentenschaft lediglich im Rahmen der durch § 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 BerIHG gezogenen Grenzen wahrzunehmen. Dies gilt nunmehr auch für die weitere Aufgabe der "Förderung aktiver Toleranz".

Eine diese Grenzen überschreitende Regelung wäre verfassungswidrig, weshalb sich eine derartige Auslegung nach wie vor verbietet. Denn eine nicht unmittelbar auf den Bereich der Hochschule und die spezifischen Interessen von Studenten begrenzte politische Betätigung der verfaßten Studentenschaft verletzt verfassungswidrig den durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten individuellen Freiheitsbereich der Mitglieder (BVerwG, Urt. vom 13.7.1979, E 59, 231, 238 f., bestätigt durch den Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats des BVerfG vom 19.2.1992 - 2 BvR 32 1/89, veröffentlicht bei Juris; BVerwG, Urt. vom 12.5.1999 - BVerwG 6 C 10.98).

Wie das Bundesverwaltungsgericht in vorgenannten Entscheidungen überzeugend dargelegt hat, ist die Zwangsmitgliedschaft der Studierenden in der Studentenschaft nur solange verhältnismäßig und vor ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG, von unnötigen Zwangsmitgliedschaften verschont zu bleiben, gerechtfertigt, solange die Studentenschaft als Repräsentant verbandstypischer Interessen auftritt. Für die Wahrnehmung eines sog. allgemeinpolitischen Mandats fehlt es jedoch an einer Rechtfertigung für die gebündelte Wahrnehmung spezifischer Gruppeninteressen.

An all dem ändern auch die von einer Gruppe von Studierenden in der Vergangenheit durchgeführten Proteste, Vorlesungen vor U-Bahn-Passagieren etc. nichts, wie die Antragsgegnerin Glauben machen will.

Ohne dass es einer abschließenden Bewertung sämtlicher der Antragsgegnerin vom Antragsteller gemachten Vorwürfe bedürfte, hat sie das Verbot, sich allgemeinpolitisch zu betätigen, in jüngerer Vergangenheit jedenfalls wie folgt verletzt:

Am 14. Dezember 2001 veröffentlichte der AStA der Antragsgegnerin auf seiner Homepage einen Aufruf u.a. zur Teilnahme an einer für den 15. Dezember 2001 geplanten Demonstration gegen "Krieg und Sozialabbau". Diese Veranstaltung läßt den gebotenen unmittelbaren, spezifischen Hochschulbezug vermissen. Neben diesem Aufruf enthält die Seite einen Hinweis auf eine Demonstration am 12. Dezember 2001 gegen Bildungsabbau. Beide Veranstaltungen stehen also deutlich nebeneinander; nur letztere läßt jedoch einen ausreichenden Hochschulbezug erkennen.

Dies wird auch deutlich, wenn man die ursprüngliche Fassung der am 11. Dezember 2001 beschlossenen Resolution einer Gruppe von Studierenden der FUB heranzieht, wie sie unter der Domain indymedia.org/2001/12/12126.html abgelegt war. Darin heißt es zu Punkt 8. und 9.:

"8. Wir sagen NEIN zu dem Krieg in Afghanistan und zur Militarisierung des öffentlichen Raumes. Während seit Jahrzehnten im Sozial- und Bildungssektor gespart wird, werden in den nächsten 15 Jahren über 210 Milliarden DM für Neuinvestitionen bei der Bundeswehr bereitgestellt. Wir fordern Geld für Bildung und Soziales, nicht für Panzer und Raketen.

9. Aus diesem Grund unterstützen wir die Demonstration am 12.12.01 gegen

Bildungsabbau und am 15.12. gegen Krieg und Sozialabbau.

Wir rufen alle Studierenden, DozentInnen, ProfessorInnen und überhaupt alle Menschen auf, sich an diesen Protesten zu beteiligen."

Selbst wenn die Antragsgegnerin für diese Veröffentlichung unter dem Pseudonym "Toni Maroni" nicht verantwortlich sein sollte, hat sie diesen Text zur Grundlage für die Veröffentlichung vom 14. Dezember 2001 auf ihrer eigenen Homepage gemacht, ohne jedoch eine klare Beschränkung auf den Bildungsbereich vorzunehmen. Natürlich handelte es sich zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung des Demonstrationsaufrufs noch nicht um eine Dokumentation der Studentenproteste, sondern eben um einen Demonstrationsaufruf. Davon abgesehen ist der Antragsgegnerin nicht gestattet, unzulässige allgemeinpolitische Äußerungen ihres AStA oder Dritter durch das Internet dauerhaft zu verbreiten, so dass ihr Einwand, es handele sich nunmehr um eine Dokumentation der studentischen Proteste, nicht durchgreift.

Der Berichterstatter konnte im Übrigen, als er am 10. Mai 2002 die Seite www.astafu.de/inhalte/themen/proteste/docs/resolution/txt aufrief, einen Hinweis, die Antragsgegnerin mache sich den Inhalt der Verlautbarung nicht zu eigen, nicht feststellen. Es besteht somit nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei der Seite lediglich um eine Auseinandersetzung mit politischen Strömungen an der Hochschule handeln sollte.

Auch der Einwand, die die Resolutionen beschließenden Versammlungen seien nicht beschlussfähig gewesen und daher der Antragsgegnerin nicht zurechenbar, greift nicht durch. Wenn dem nämlich so war, handelt es sich bei der Veröffentlichung der Resolutionen auf der Homepage des AStA der Antragsgegnerin um eine ebenfalls unzulässige Unterstützung der allgemeinpolitischen Aktivitäten Dritter.

Auch das Verhalten der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Beitritt zum "freien zusammenschluss der studierendenschaften" (fzs) rechtfertigt die Besorgnis, die Antragsgegnerin werde sich zukünftig allgemeinpolitisch betätigen und dadurch Rechte des Antragstellers verletzten: Das Studentenparlament der Antragsgegnerin beschloss im Sommer 2001, für einen Zeitraum von sechs Monaten dem fzs beizutreten, der sich seinerseits regelmäßig allgemeinpolitisch betätigt; letzteres stellt auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede und bedarf daher keinen näheren Darlegung. Der fzs teilte in seinem "Mitgliederinfo" vom 26. Juli 2002 und in seiner Pressemitteilung vom 30. Juli 2001 den Beitritt u.a. der Antragsgegnerin mit. Auch der AStA der Antragsgegnerin nimmt unter dem 24. November 2001 auf seiner Homepage zum Beitritt zum fzs Stellung und betont, dieser sei "für ein halbes Jahr" erfolgt.

Die Antragsgegnerin wendet dagegen ein, es sei vom allein vertretungsberechtigten AStA zu keiner Zeit ein förmlicher Antrag auf Aufnahme in den fzs gestellt worden, weshalb sie nicht wirksam Mitglied geworden sei.

Zwar mag ein förmlicher Antrag auf Aufnahme vom AStA nicht gestellt worden sein; ob das dem wirksamen Beitritt zum fzs entgegenstand, erscheint jedoch zweifelhaft. Ob die Antragsgegnerin einen Beitrag an den fzs gezahlt und dessen allgemeinpolitische Tätigkeiten dadurch unzulässig unterstützt hat, bedarf vorliegend keiner abschließenden Klärung. Da es sich vorliegend (noch) nicht um ein Vollstreckungsverfahren handelt, sondern um ein einstweiliges Anordnungsverfahren, ist allein entscheidend, ob hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Antragsgegnerin (ohne gerichtliche Anordnung) zukünftig die Rechte des Antragstellers verletzen wird. Einen solchen Anhaltspunkt bietet bereits der Beschluss des Studierendenparlaments, dem fzs beizutreten, gleichgültig, ob er letztlich wirksam umgesetzt wurde oder nicht. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der AStA bereits vor der Aufforderung durch den Antragsteller, eine vorgerichtliche Unterlassungserklärung abzugeben, auf die Unzulässigkeit eines Beitritts zum fzs hingewiesen und das Studentenparlament aufgefordert hätte, den Beitrittsbeschluss rückgängig zu machen. Davon kann jedoch keine Rede sein. Im Gegenteil hat der AStA in seiner Mitteilung vom 24. November 2001 gerade kritisiert, dass eine Gruppe innerhalb des fzs beabsichtige, die Forderung nach einem allgemeinpolitischen Mandat aufzugeben, und dass er sich mit dem "Reformkurs" des fzs nicht einverstanden erkläre.

Daran ändert die E-Mail des Herrn Georg Klauda vom 5. Februar 2002 an den fzs nichts. Auch in diesem Schreiben wird ausdrücklich "begrüßt, dass sich der fzs zu nicht hochschulbezogenen Themen äußert." Die in diesem Schreiben angekündigte Revision des Beitrittsbeschlusses des Studierendenparlaments ist soweit ersichtlich bislang im Übrigen nicht erfolgt.

Zu Recht beanstandet der Antragsteller ferner die Unterstützung des BAKJ durch die Antragsgegnerin. Dass der Kongress des BAKJ vom 28. bis 29. April 2001 in Hamburg jeglichen Bezug zur Hochschule vermissen läßt, hat die Kammer bereits im Beschluss vom 22. November 2001 (VG 2 A 95.01) im Einzelnen dargelegt. Dies bestreitet die Antragsgegnerin auch nicht. Sie behauptet vielmehr, sie habe entgegen ihrer Benennung auf dem Plakat zur Ankündigung dieses Kongresses tatsächlich allein den Druck einer Broschüre zur Juristenausbildung unterstützt. Das ist unglaubhaft. Die zur Glaubhaftmachung dieser Behauptung vorgelegte Erklärung des BAKJ vom 20. Februar 2002 ist bereits aus sich heraus nicht verständlich und nachvollziehbar. Wenn die Antragsgegnerin ferner tatsächlich die Absicht gehabt hätte, ausschließlich den Druck der Broschüre zur Juristenausbildung zu unterstützen, nicht aber besagten Kongress, hätte sich aufgedrängt, unmittelbar nach dem Erscheinen der Plakate des BAKJ eine Klärung herbeizuführen. Das hat die Antragsgegnerin offensichtlich nicht getan; sie ist vielmehr erst an den BAKJ herangetreten, nachdem der Antragsteller die Unterstützung des Kongresses beanstandet hatte.

Da der Antragsgegnerin schließlich nicht nur die finanzielle, sondern auch die ideelle Unterstützung nicht hochschulbezogener Aktivitäten Dritter untersagt ist, wäre sie gehalten gewesen, den BAKJ auf eine Änderung des vermeintlich fehlerhaften Plakats in Anspruch zu nehmen. Auch das hat sie versäumt und statt dessen zumindest geduldet, dass sie in der Öffentlichkeit als Unterstützerin des Kongresses angesehen wird.

Vieles spricht des Weiteren für die Richtigkeit der Behauptung des Antragstellers, die Antragsgegnerin unterstütze in unzulässiger Weise den Verein Antirassistische Initiative e.V. (ari). Sie hat ausweislich des Rechnungshofberichtes vom 28. September 2000 diesem Verein etwa im Haushaltsjahr 1998/99 insgesamt einen Betrag von 12.000 DM zukommen lassen. Nunmehr legt die Antragsgegnerin zwei Vereinbarungen mit dem ari vor, die vom 1. Januar 2001 (dieses Datum erweckt Zweifel) bzw. 21. Februar 2002 stammen sollen und die sich über Leistungen der Antragsgegnerin in Höhe von exakt 12.000 DM jährlich verhalten. Die Leistungen, die der Verein nach diesen Vereinbarungen zu erbringen hat, sind weitgehend unbestimmt und in sein Ermessen gestellt. Auch enthalten sämtliche Vereinbarungen keine Angaben über den Beginn und die Dauer ihrer Gültigkeit.

All das gibt Anlass, an der Ernsthaftigkeit der Vereinbarung der Gegenleistung für die Hingabe des Geldes zu zweifeln. Selbst wenn der ari seinerseits eine Leistung für die Antragsgegnerin erbringen sollte, läge eine unzulässige Förderung hochschulfremder Interessen bereits dann vor, wenn diese Gegenleistung der Zahlung deutlich unangemessen wäre, also eine versteckte Subvention darstellen würde. Ob dies der Fall ist, bedarf angesichts der festgestellten allgemeinpolitischen Betätigungen der Antragsgegnerin vorliegend ebensowenig weiterer Aufklärung wie die Frage, ob die vom ari bezogenen Publikationen allgemeinpolitische Inhalte haben und sich die Antragsgegnerin durch die Verbreitung dieser Publikationen in der Universität allgemeinpolitisch betätigt.

Entsprechendes gilt für den Druck der Zeitschrift Soma, deren Ausgabe 7 zahlreiche Beiträge zu allgemeinpolitischen Themen enthält. Eine unzulässige Unterstützung hochschulfremder Aktivitäten läge jedenfalls bereits dann vor, wenn die für den Druck der Zeitung vereinnahmten Mittel die dafür tatsächlich aufgewendeten Kosten nicht decken würden. Auch dies bedarf vorliegend jedoch keiner weiteren Aufklärung. Entsprechendes gilt für die sonstigen von der Antragsgegnerin gedruckten Publikationen.

Nicht entkräften konnte die Antragsgegnerin den Vorwurf des Antragstellers, für die "attac Hochschulgruppe Freie Universität Berlin" 4.000 Flugblätter gedruckt zu haben, und nicht, wie die Antragsgegnerin behauptet, nur 2.000. Die attac-Gruppe hat unter dem 8. April 2002 auf ihrer Homepage selbst angegeben, der AStA der Antragsgegnerin habe 4.000 "Flugis" und 400 Plakate gedruckt. 2000 dieser "Flugis" beinhalteten das Thema Krieg und seien aus "juristischen Gründen" nicht mit dem AStA-Logo versehen. Die schlichte Behauptung der Antragsgegnerin, dieses "Protokoll" sei zur Glaubhaftmachung ungeeignet, vermag nicht zu erklären, was die attac-Gruppe zu einer solchen fehlerhaften Mitteilung veranlasst haben sollte.

Auch die fortwährende Veröffentlichung der Zeitschrift "Mein erstes Semester" gibt berechtigten Anlass zur Sorge, die Antragsgegnerin werde sich auch in Zukunft nicht an das Verbot allgemeinpolitischer Äußerungen halten. Diese Publikation enthält bereits auf ihrer ersten Seite Äußerungen zur Sicherheitspolitik in Berlin, die jeglichen Hochschulbezug vermissen lassen. Entsprechendes gilt etwa auch für Äußerungen des "Internationalismus- und Antirepressionsreferats". Die Antragsgegnerin verbreitet diese Äußerungen über ihre Homepage weiter; daran ändert der seit jüngstem zuge-schaltete Disclaimer nichts. Der Hinweis im Disclaimer, die Zeitschrift werde im Internet nur noch angeboten, um die Diskussion um das allgemeinpolitische Mandat zu verdeutlichen, stellt sich als nur vorgeschoben dar. Wäre das ernst gemeint, hätte sich aufgedrängt, die maßgeblichen Artikel oder Auszüge daraus in die Diskussion um das allgemeinpolitische Mandat einzuarbeiten. Das hingegen ist nicht geschehen.

Ebenso stellen sich die angeblichen Bemühungen der Antragsgegnerin, die weitere Verbreitung der Schrift "Chiapas und die Linke" zu beenden, als nicht ernst gemeint dar. Auffallend ist bereits, dass Schritte zur Einstellung der Verbreitung über die Domain partisan.net überhaupt erst ergriffen wurden, nachdem der Antragsteller diese beanstandet hatte. Nähme die Antragsgegnerin das Verbot allgemeinpolitischer Zurückhaltung ernst, hätte sich aufgedrängt, längst bei dem Inhaber der Domain partisan.net auf eine Löschung der Seite, jedenfalls aber auf eine Löschung der Hinweise auf den AStA der Antragsgegnerin hinzuwirken. Möglich und zumutbar wäre ferner, dass die Antragsgegnerin veranlasst, auf der Homepage ihres AStA einen deutlichen Hinweis anzubringen, dass sich der AStA von früheren allgemeinpolitischen Äußerungen, auch soweit sie auf fremden Homepages veröffentlicht und daher ihrem unmittelbaren Zugriff entzogen sind, klar distanziert. Ein solcher Hinweis fehlt.

Die aufgezeigten Kompetenzüberschreitungen und die fehlende Einsicht der Antragsgegnerin rechtfertigen die Annahme, dass - ohne gerichtliche Intervention - auch in absehbarer Zukunft mit weiteren Überschreitungen zu rechnen ist, weshalb der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.

Er hat auch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Jeder weitere künftige Verstoß gegen das Verbot der Wahrnehmung des allgemeinpolitischen Mandats durch die Antragsgegnerin wäre ein das Grundrecht des Antragstellers beeinträchtigender abgeschlossener Vorgang, der im Verfahren der Hauptsache keiner Korrektur mehr zugänglich wäre (OVG Münster NVwZ-RR 1995, 278, 279). Derartige, sich wiederholende Rechtsverletzungen muss der Antragsteller nicht bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinnehmen, sondern kann sie gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Wege einstweiliger Anordnung vorläufig verhindern. Obwohl der Antragsteller bislang noch keine Klage erhoben hat, konnte die Gültigkeit der einstweiligen Anordnung auf den Zeitraum bis zur Entscheidung über die Hauptsache (längstens für die Dauer der Mitgliedschaft des Antragstellers in der Antragsgegnerin) erstreckt werden. Der Antragsgegnerin steht es frei, den Antragsteller zur Erhebung der Klage zu veranlassen und im Falle seiner Weigerung die Aufhebung der einstweiligen Anordnung zu beantragen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 ZPO).

Die Androhung des Ordnungsgeldes beruht auf § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 928, 890 Abs. 1, 2 ZPO, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGStGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

[... es folgt die Rechtsmittelbelehrung]