Oberverwaltungsgericht Berlin bestätigt
einstweilige Anordnung gegen HU-AStA

 
NVwZ-RR 2001, 101

OVG 8 SN 328.99 beschlossen am 22. September 2000.

Oberverwaltungsgericht Berlin

BESCHLUSS

In der Verwaltungsstreitsache

der Studentenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin,
vertreten durch den Allgemeinen Studentenausschuss
dieser vertreten durch den Vorsitzenden,
Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Antragsgegnerin

gegen

Studenten der Humboldt-Universität
Antragsteller,
-Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Raimund Kößler
Clayallee 323, 14169 Berlin

wird der Antrag der Antragsgegnerin, die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. November 1999 zuzulassen, abgelehnt.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Richtigkeitszweifel, besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten, grundsätzlicher Bedeutung und divergierender Entscheidungen gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 VwGO sind nicht erfüllt. Teils genügt das Antragsvorbringen nicht den Darlegungsanforderungen (§ 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO), teils sind die Darlegungen inhaltlich nicht tragfähig.

Letzteres gilt zunächst für den erstgenannten Zulassungsgrund. Er erfordert zumindest gewichtige Gesichtspunkte, die eine dem Rechtsmittelführer günstige Erfolgsprognose erlauben (vgl. Beschluss des Senats vom 19. August 1997 - OVG 8 SN 295.97 - NVwZ 1998, 197). Dies entspricht der überwiegenden obergerichtlichen Auffassung zu dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Danach liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung erster Instanz dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird, wenn also ein Erfolg der Angriffe gegen die erstinstanzliche Entscheidung wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (Senatsbeschlüsse vom 15. Juli 1999 - OVG 8 N 10.99 - und vom 29. Juli 1999 - OVG 8 N 33.99 -; vgl. auch Seibert, NVwZ 1999, 113, 115 mit zahlreichen Nachweisen). Das ist nicht der Fall.

Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Mitgliedschaft einiger der Antragsteller im Studentenparlament unberücksichtigt gelassen, zieht die Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses nicht in Zweifel. Weder aus deren dortiger Mitgliedschaft noch aus der Behauptung, sie hätten niemals die unrechtmäßige Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats angegriffen, lässt sich ggf. eine Billigung und ein Verlust des Rügerechts herleiten. Namentlich ein Verzicht auf die Wahrnehmung grundrechtlich geschützter Positionen lässt sich dem nicht entnehmen. Dass den erstinstanzlich beanstandeten Verhaltensweisen etwa hochschulparlamentarische Beschlüsse zugrunde lägen (vgl. § 19 Abs. 4 BerlHG), an denen Antragsteller zustimmend mitgewirkt hätten, hat die Antragstellerin nicht substantiiert behauptet. Die Missbilligung im Gerichtsverfahren ist deshalb weder widersprüchlich, noch ist sonst die Mitgliedschaft im Studentenparlament von Bedeutung für das Rechtsschutzbedürfnis.

Die Annahme der Antragsgegnerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht außer Acht gelassen, dass sie sich für ihre Tätigkeit sowohl auf die von der Universitätsleitung gebilligte Satzung als auch auf die Grundordnung berufen habe, trifft nicht zu. Der angegriffene Beschluss führt dazu aus, dass "die Antragsgegnerin rechtlich nicht befugt ist, durch eine eigene Satzung die im Berliner Hochschulgesetz vorgesehenen Kompetenzen zu erweitern". Aufgrund der damit verdeutlichten Maßgeblichkeit allein der durch Gesetz bestimmten verbandstypischen Aufgabenstellung und Kompetenzeinräumung (vgl. OVG Bremen, NVwZ 1999, 211) war daneben eine Auseinandersetzung mit der Grundordnung der Humboldt-Universität Berlin als vermeintlicher Quelle zusätzlicher Äußerungs- und Unterstützungskompetenzen entbehrlich, weil auch sie nur im rang nachgeordnete, untergesetzliche Vorschriften enthalten kann.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, die Grenze zwischen hochschulbezogenen politischen Feststellungen und allgemeinpolitischen Äußerungen sei jedenfalls dort überschritten, wo ein sachlicher Bezug zur Hochschulpolitik weder erkennbar noch beabsichtigt sei. Der hieraus abgeleitete Einwand der Antragsgegnerin, gleichwohl sei ihre Absicht, sich hochschulpolitisch zu betätigen, unberücksichtigt geblieben, ist unbegründet. Die Antragsgegnerin behauptet selbst nicht, dass sie ihre vorgebliche Absicht, sich ausschließlich hochschulbezogen zu betätigen, tatsächlich verwirklicht hätte; Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Absicht dennoch bestand, sind nicht vorhanden, ergeben sich namentlich nicht aus nachträglichen Bezugnahmen auf die universitäre Satzung, Grundordnung und Beschlusslage ohne jede Verknüpfung mit zulässigen Inhalten. Insbesondere trifft es nicht zu, dass "der Beschluss des Akademischen Senats vom 25. Mai 1999 zum Ausgangspunkt der Auseinandersetzung gemacht" wurde. Die der Antragsgegnerin zugerechneten Äußerungen über den NATO-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien befassten sich nicht mit der Aufforderung des Akademischen Senats an die Universitätsleitung, Informations- und Diskussionsveranstaltungen zum Kosovo-Konflikt durchzuführen, sondern erfolgten unabhängig davon in der Form eigener Beiträge.

Der angegriffene Beschluss begegnet auch nicht deshalb Bedenken, die dem Rechtsbehelf Erfolgsaussicht verleihen, weil das Verwaltungsgericht annimmt, der AStA der Antragsgegnerin unterstütze den Druck der vom "arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin" herausgegebenen Zeitschrift 'freischüssler'. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Unterstützung Dritter ohne Hochschulbezug dem Verbot der allgemeinpolitischen Tätigkeiten unterfallen kann. Die Annahme der Antragsgegnerin, das Verwaltungsgericht habe sich insoweit auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats über die Zurechnung von Äußerungen, die sie in ihren eigenen Druckerzeugnissen verbreitet (Senatsbeschluss vom 25. Mai 1998 - OVG 8 SN 24.98 -), bezogen, beruht auf einer Fehlinterpretation des angegriffenen Beschlusses. Die zitierte Entscheidung sagt nichts über sonstige abwehrfähige Kompetenzüberschreitungen, schließt aber auch nicht aus, dass sie denkbar sind.

Der Vorwurf, es sei vom Verwaltungsgericht nicht aufgeklärt worden, in welcher Art und Weise die Unterstützung erfolgt, trägt nicht. Zugerechnet wird der Antragsgegnerin eigenes handeln.

Die genannte Zeitschrift unterstützt zu haben, hat die Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt und tut dies substantiiert auch jetzt nicht. Ihre Unterstützungsleitung ergibt sich unmissverständlich aus dem Zusatz im Impressum: "Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des ReferentInnenrates der HUB". Davon, dass die Studentenschaft es lediglich "begrüßt, dass ein Fachbereich der Humboldt-Universität Berlin eine Zeitschrift mit kritischen Positionen herausgibt", ist dort nicht die Rede.

Ebenfalls mit Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anordnungsgrund bejaht. Seine Annahme, dass jeder weitere künftige Verstoß gegen das Verbot der Wahrnehmung des allgemeinpolitischen Mandats durch die Antragsgegnerin ein abgeschlossener, im Verfahren der Hauptsache keiner Korrektur mehr zugänglicher Grundrechtsverstoß sei, trifft zu (vgl. OVG NW, NVwZ-RR 1995, 278, 279). Die Antragsgegnerin hat hiergegen nichts erinnert. Von ihrer Erwägung, es sei ungewiss, ob die Hochschulzugehörigkeit der Antragsteller im Zeitpunkt der Hauptsacheentscheidung beendet sei, hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung ausdrücklich als nicht abhängig bezeichnet. - Die gegen die erstinstanzliche Prognose auch künftiger allgemeinpolitischer Betätigung erhobene Rüge der Antragsgegnerin ist bereits sachlich unzutreffend: Sie hatte erstinstanzlich nicht vorgetragen, die Unterstützung der Veranstaltungen vom 2. November 1999 zum Thema "Alternativen zum Kapitalismus" sowie vom 13. November 1999 zum Thema "Jugoslawien ist erst der Anfang...", auf die das Verwaltungsgericht seine Prognose gestützt hat, bereits vor der Aufforderung auf Unterlassung allgemeinpolitischer Äußerungen durch die Antragsteller beschlossen zu haben; ihr entsprechender Vortrag im Schriftsatz vom 17. November 1999 (Bl. 215 d.A.) betraf vielmehr die Unterstützung einer Veranstaltung vom 2. Oktober 1999 durch Beschluss vom 3. August 1999.

Im Übrigen verkennt die Antragsgegnerin offenbar generell die Bedeutung der gerichtlichen Feststellung einzelner ihr vorgeworfener Verstöße gegen das Verbot allgemeinpolitischer, nicht hochschulbezogener Betätigung in der Vergangenheit. Für die zulassungsrechtlich maßgebliche Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung kommt es hier nicht darauf an, dass die Beanstandungen ausnahmslos in jedem Einzelfall gerechtfertigt sind. Selbst wenn einzelne Vorwürfe mangels der Antragsgegnerin zurechenbaren Verhaltens zu Unrecht erhoben worden wären, wäre die erstinstanzliche Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch vorbeugende Untersagung fehlerfrei, sofern nur die übrigen Feststellungen Bestand haben.

Lässt das Vorbringen im Zulassungsantrag die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung unberührt, ergibt sich aus ihm mangels Ergebnisoffenheit auch nichts für den Zulassungsgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (zum Kriterium und zum Verhältnis der der Zulassungsgründe zueinander Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 1999 - OVG 8 SN 136.99 - und vom 20. August 1999 - OVG 8 SN 124.99 - jeweils m.w.N.). Die Antragsgegnerin hat Vortrag eigens zu diesem Zulassungsgrund nicht erbracht.

Die Rechtssache hat ferner nicht die von der Antragsgegnerin angenommene grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist zwar nicht auf spezifisch eilverfahrensrechtliche Rechtsfragen beschränkt (grundlegend Senatsbeschluss vom 25. Juli 2000 - OVG 8 SN 119.00 - mit zahlreichen Nachweisen; zuletzt Senatsbeschluss vom 31. August 2000 - OVG 8 SN 60.00 -). Die Zulassung der Beschwerde wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung setzt indes voraus, dass die Rechtssache eine in dem angestrebten Rechtsmittelverfahren klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage von fallübergreifender Bedeutung aufwirft (std. Senatsrspr., a.a.O.). Daran fehlt es hier. Die in dem Zulassungsantrag formulierten fünf Fragen sind sämtlich nicht klärungsbedürftig, weil sie sich teil im Beschwerdeverfahren nicht stellen würden, teils bereits geklärt sind und teils für ihre Beantwortung nicht der Zulassung und Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens bedürfen.

Die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage nach einer Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "hochschulpolitischen Belange" in § 18 Abs. 2 BerlHG durch die Aufgabendefinition der Hochschulleitung würde sich - zumal in dieser allgemeinen Fassung - im Beschwerdeverfahren schon deshalb nicht stellen, weil die Rechtsvorschrift diesen unbestimmten Rechtsbegriff entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht enthält. Vorgeschrieben ist der Antragsgegnerin dort, die Belange der Studenten und Studentinnen in Hochschule und Gesellschaft wahrzunehmen und die Verwirklichung der Ziele und Aufgaben der Hochschule zu fördern.

In der Rechtsprechung - auch des beschließenden Senats (Beschluss vom 25. Mai 1998 - OVG 8 SN 24.98 -) - ist geklärt, dass die Aufgaben der Antragsgegnerin als Zwangsverband zur Bündelung spezifischer studentischer Interessen (vgl. BVerwGE 59, 231, 236) ohne Befugnis zu eigener Aufgabendefinition (vgl. OVG Bremen NVwZ 1999, 211) gesetzlich bestimmt und begrenzt werden.

Der Senat hat dazu (a.a.O.) ausgeführt:

Das Prinzip beschränkt Umfang und Grenzen ihres Betätigungsfeldes auch für das ausdrücklich nur "in diesem Sinne" eingeräumte "politische Mandat" (§ 18 Abs. 2 Satz 2 BerlHG) auf die Wahrnehmung solcher Interessen, die sich aus der Rolle der Studierenden in ihrer spezifischen Situation als Lernende an einer Hochschule ergeben (vgl. Leuze in Hailbronner, HRG, Komm. Stand August 1997, § 41 RdNr. 34 S. 32 f.; ferner Krüger in Flämig/Kimminich/Krüger/Meusel/Rupp/Scheven/Schuster/Stenbock-Fermor [Hrsg.], Handbuch des Wissenschaftsrechts, band I, 2. Aufl. 1996, S. 591). Die der Antragsgegnerin gesetzlich übertragenen Aufgaben liegen auf sozialem, fachlichem, kulturellem und hochschulpolitischem Gebiet (§ 18 Abs. 2 Satz 3 BerlHG; vgl. Starck, in von Mangoldt/Klein, GG, Bd. I, 3. Aufl. 1985, Art. 5 Abs. 3 RdNr. 234). Allgemeinpolitische Aktivitäten ohne unmittelbaren Bezug zur Hochschule gehen über den so determinierten Rahmen hinaus, verlassen den Bereich aufgabenrelevanter Repräsentation verbandstypischer Interessen, verfolgen andere als gruppenspezifische Zielsetzungen (vgl. BVerwGE 59, 231, 238f.). Das Landeshochschulgesetz deckt das nicht.

Namentlich wird das aufgabenbezogene Betätigungsfeld der Antragsgegnerin nicht dadurch im Sinne des allgemeinpolitischen Mandats erweitert, daß § 18 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BerlHG der Studentenschaft "insbesondere" die Förderung der politischen Bildung der Studenten und Studentinnen im Bewußtsein der Verantwortung für die Gesellschaft aufgibt. Nach Wortlaut und Systematik handelt es sich nur um einen von mehreren exemplarisch genannten Teilbereichen innerhalb des von Satz 1 der Vorschrift abgesteckten Rahmens ausschließlich studenten- und hochschulbezogener Aufgabenstellung (so auch Krüger, a.a.O., S. 590 f.). Mit diesem Inhalt kann die Förderung politischer Bildung und des statsbürgerlichen Verantwortungsbewußtseins den sozialen und kulturellen Belangen von Hochschule und Studierenden zugerechnet werden (Reich, HRG, Komm. 5. Aufl. 1996, § 41 RdNr. 3). ...

Der Verfassungskontext bestätigt die alndesgesetzliche Rechtslage. Ein (öffentlich-rechtlicher) sog. Zweckverband mit Pflichtmitgliedschaft wie die Antragsgegnerin darf nur zur Erfüllung bestimmter legitimer öffentlicher zwecke nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gebildet werden und nur gesetzlich definierte öffentliche Aufgaben wahrnehmen (Starck, a.a.O., Art. 2 Abs. 1 GG RdNr. 90 f.; BVerwGE 34, 69, 74). Sind Personen gezwungen, einem Verband anzugehören, verstieße es aufgrund des Bezugs zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn der Zweckverband außerhalb seiner Zuständigkeitsbereichs im namen seiner Mitglieder Stellung nehmen dürfte (Reich, a.a.O., § 41 RdNr. 2).

Hieran hält der Senat fest. Neuer Klärungsbedarf ist nicht aufgezeigt.

Eine von der Hochschulleitung in Selbstverwaltung vorgenommene Definition der Aufgabenstellung, die die Antargsgegnerin übrigens wedere ihrem vermeintlich einschlägigen Inhalt noch den etwaigen Auswirkungen aufihre eigene Aufgabenstellung nach näher beschrieben hat, kann deshalb für die Antragsgegnerin nur von Bedeutung sein, wenn sie sich innerhalb der gesetzlichen Aufgabenzuweisung hält, namentlich ihre Befugnisse nicht auf die Wahrnehmnung eines allgemeinpolitischen mandats audehnt. Ob das der fall ist oder nicht, bedarf der Prüfung der jeweils konkreten Betätigung und ist einer grundsätzlichen Beantwortung nicht zugänglich.

Grundsätzlichen Klärungsbedarf wirft auch die weitere Frage nach dem Erfodernis der berücksichtigung einer etwaigen Beteiligung von Antragstellern an später als Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats beanstandeten Vorgängen im Rahmen der feststellung des Rechtsschutzbedürfnisses nicht auf. Dem steht neben unzureichender Umschrein´bung der in Bezug genommenen Vorgänge im Studentenparlament entgenen, dass die dortigen Geschehnisse nicht Gegenstand des angegriffenen Beschlusses, namentlich nicht als Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats gerügt worden sind und den erstinstanzlich gerügten Aktivitäten auch nicht unmittelbar zugrundeliegen (vgl. § 19 Abs. 4 Satz 2 BerlHG). Die möglicherweise darin enthaltene hinreichend konkrete Frage, ob die Wahrnehmung von Mitwirkungsrechten und -pflichten einzelner Antragsteller bei der studentenparlamentarischen Erörterung von Betätigungen der Antragsgegnerin das Rechtsschutzbedürfnis für die vorbeugende Untersagung erwarteter vergleichbarer Betätigungen ausschließt, bedürfte zur Klärung keiner Durchführung des angestrebten Beschwerdeverfahrens; ihre Verneinung drängt sich nach den Ausführungen zu den geltend gemachten Richtigkeitszweifeln ohne weiteres auf.

Auch die Frage nach dem Grad der Konkretisierung des Bezuges auf hochschulpolitische Belange, der nötig ist, damit sich die Antragsgegenerin darauf berufen kann, jedenfalls eine derartige Absicht gehabt zu haben, stellt sich nicht, weil für eine derartige Absicht keinerlei Anhalt besteht. Es kommt ungeachtet der sog. "Brückenschlagstheorie" auf die deutliche Erkennbarkeit studien- und hochschulpolitischer Zusammenhänge an (vgl. BVerwG, NVwZ 2000, 323, 325). daran fehlt es, wenn der objektiv zentrale Aussagegehalt allgemeinpolitische Fragen betrifft (OVG Bremen, NVwZ 1999, 211); der rein formale Rückgriff auf satzung und grundordnung genügt nicht. Fehlt es aber im zu entscheidenden fall gänzlich an einem hochschulpolitischen Bezug, muss die theoretische Grage nach einer Mindestkonkretisierung nicht abschließend erörtert werden.

Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Frage, welcher Art der unterstützung es seitens der Antragsgegnerin bedarf, um ihr Veröffentlichungen Dritter, die nicht in zeitschriften der Antragsgegnerin erscheinen, zurechnen zu können. Auch diese Frage stellt sich nicht. Zugerechnet wird der Antragsgegnerin die Unterstützung fremder Äußerungen als ihre eigene Betätigung. Die Qualifizirung einer konkreten Unterstützungsleistung als zurechenbare Betätigung ist eine Frage zutreffender Rechtsanwendung im Einzelfall, nicht der Grundsatzbedeutung.

Die weitere Frage, ob die Vorlage von Immatrikulationsbescheinigungen als Mittel der Glaubhaftmachung dafür ausreichend ist, dass die Antragsteller einer begehrten einstweiligen Anordnung deswegen nicht bis zur Hauptsacheentschediung warten können, weil ihr Ausscheiden aus der Studentenschaft zu besorgen ist, bevor eine rechtskräftige Entscheidung ergeht, bedarf keiner Klärung in einem Beschwerdeverfahren, weil der angegriffene Beschluss, wie zu dem Zulassungsgrund gemäß §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bereits ausgeführt, hierauf gerade nicht gestützt ist.

Schließlich ist auch die Frage, ob bei der Feststellung eines Grundrechtsverstoßes gegen das Abwehrrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG zu berücksichtigen sei, dass der Anschluss an eine bestimmte Studentenschaft freiwillig erfolge und die Aufgabenstellung der Universität im Rahmen der Selbstverwaltung durch Satzung und Grundordnung bestimmt werde und so die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "hochschulpolitischen Belange" i.S.d. § 18 Abs. 2 BerlHG berühre, nicht klärungsbedürftig. Sie beruht auf einer Reihe unzutreffender Annahmen. Wie bereits ausgeführt, enthält weder § 18 Abs. 2 BerlHG den unbestimmten Rechtsbegriff "hochschulpolitische belange", noch berühren Satzung und Grundordnung einer Universität die gesetzlich bestimmten und beschränkten Aufgaben und befugnisse der Studentenschaft. Vor allem aber erfokgt der Anschluss an die Studentenschaft nicht freiwillig in der Weise, dass es der freien Entscheidung der Studenten obliegt, ihr beizutreten oder nicht. Die konkrete Studentenschaftszugehörigkeit ist vielmehr allein von der Entscheidung für eine bestimmte Hochschule abhängig. Dass die verfasste Studentenschaft in dieser Weise einen Zwangsverband darstellt, dem die immatrikulierten Studenten als zwangsmitglieder angehören, ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. etwa BVerwG, NVwZ 2000, 323, 324; OVG Bremen, NVwZ 1999, 211 und NVwZ 2000, 342, 343) und ergibt sich zudem eindeutig aus dem Gesetz, § 18 Abs. 1 Satz 1 BerlHG.

Die Beschwerde kann endlich auch nicht wegen der geltend gemachten Entscheidungsabweichung nach §§ 146 Abs. 4, 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zugelassen werden. Die erhobene Divergenzrüge ist bereits unzulässig. Abweichungen sind außer von höchstrichterlichen Entscheidungen nur von einer Entscheidung "des" Oberveraltungsgerichts zulasungsrelevant, das dem Ausgangsgericht im instanzenzug übergeordnet ist (std. Senatsrspr. Beschlüsse vom 9. Febraur 1998 - OVG 8 SN 15.98/OVG 8 M 6.98 -, vom 8. Mai 1998 - OVG 8 N 22.98 - und vom 29. Juli 1998 - OVG 8 SN 101.98 -; auch Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. 1998, § 124 RdNr. 12). Insoweit kommt die Divergenz hier nur von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin in Betracht. Auf den Vortrag, der angegriffene Beschluss weiche von Entschidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ab, kann die genannte Zulassungsalternative nicht mit Erfolg gestützt werden.

Es fehlte zudem an ordnungsgemäßer Darlegung einer Divergenz (§ 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO). Erforderlich ist die genaue Bezeichnung der voneinander abweichenden Rechtssätze und deren Gegenüberstellung (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 132 RdNr. 14 a.E.). Beides ist unterblieben.

Im Übrigen liegen die gerügten Abweichungen auch der sache nach nicht vor, so dass die in Fällen der Abweichung von einer Entscheidung eines anderen als des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts sondt zu erwägende Beschwerdezulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. 1998, § 124 RdNr. 12) ebenfalls nicht in Betracht kommt. Da die herangezogenen Entscheidungen zum jeweiligen landesrecht ergangen sind, beziehen sich etwaige Abweichungen nich auf dieselbe Rechtsvorschrift, deren einheitliche Anwendung der Zulassungsgrund gewährleisten soll (zum Kriterium vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 132 RdNr. 15). Vor allem aber hat das Verwaltungsgericht gerade unter Hinweis auf die angebliche Divergenzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ausdrücklich erkannt, die Grenze zwischen hochschulbezogenen politischen Fragestellungen und allgemeinpolitischen Äußerungen sei jedenfalls dort überschritten, wo ein sachlicher Bezug zur Hochschulpolitik weder erkennbar noch beabsichtigt sei. Es hat auch die Feststellung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Übergänge zu allgemeinpolitischen Themen oft fließend und Themenstellungen denkbar seien, die viele Fachbereiche der universitären Ausbildung berührten und deshalb für nahezu alle Studenten von besonderem Interesse seien, nicht in Abrede gestellt. Eine fehlerhafte Anwendung eines von einem Divergenzgericht aufgestellten Rechtssatzes ist ebenso wenig eine zulassungsrelevante Abweichung wie ein lediglich unterschiedliches Ergebnis der zu vergleichenden Entscheidungen (BVerwG, NVwZ 1989, 1169; Buchholz 310 § 108 Nr. 264; Meyer-Ladewig in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 124 RdNr. 42).

Die Kosten des Antragsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Antragsgegenstandes wird auf 44 000 DM festgesetzt (§ 20 Abs. 3, § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Berlin, den 22. September 2000
Oberverwlatungsgericht Berlin
8. Senat

Monjé Citron-Piorkowski Weber